Die 11. These zur Sozialinitiative: Einen sichtbaren Beitrag leisten
Wir begrüßen es, dass die beiden Kirchen sich in der Schrift 'Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft' mit den aktuellen Herausforderungen in der Sozial- und Wirtschaftspolitik auseinandersetzen und öffentlich Stellung beziehen. Gewünscht hätten wir uns eine noch stärkere Konkretion der einzelnen Forderungen.
Aus der Sicht des Saarlandes, das mit den Folgen großer Umbrüche in der Wirtschaftsstruktur und den daraus folgenden sozialen Verwerfungen ringt, dem demografischen Wandel besonders unterworfen ist und sich den Anforderungen der Schuldenbremse ausgesetzt sieht, ist eine sozial ausgewogene und an ethischen Werten orientierte Sozial- und Wirtschaftspolitik wichtig. Das Saarland hat eine überdurchschnittlich hohe Exportquote der Wirtschaftsleistungen. Darum befürworten wir insbesondere die Forderung, eine 'weltweite Soziale Marktwirtschaft' zu entwickeln - eine Wirtschafts- und Sozialordnung, die protestantische Wurzeln hat und deren Ziel es ist es, durch fairen Wettbewerb Wohlstand für alle zu schaffen, zu sichern und fortzuentwickeln.
Wir vermissen jedoch in diesem Papier den herausgehobenen Hinweis auf die Selbstverpflichtung der Kirchen für eine gerechte Gesellschaft sowie auf die Reflexion vonKirche, Gemeinden, Einrichtungen und Werke als Akteure und Bestandteile einer gerechten Gesellschaft. Wir empfehlen deshalb, eine elfte These hinzuzufügen:
"Gemeinsame Verantwortung heißt für den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz aber auch, in eigener Verantwortung einen belastbaren und sichtbaren Beitrag für eine gerechte Gesellschaft zu leisten."
Selbstverpflichtung betonen
Kirche leistet mit der Verkündigung des Evangeliums und dem daraus entstehenden sozialen Engagement in Diakonie und Caritas einen unverzichtbaren Beitrag zur Verwirklichung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland, die in "Verantwortung vor Gott und den Menschen" realisiert wird. Für Christinnen und Christen ist es unerlässlich, dass ihr Glaube nicht nur in Predigt und Gottesdienst sichtbar wird, sondern sich auch in der praktischen Tätigkeit bewährt. Sie verstehen ihren Auftrag als gelebte Nächstenliebe und setzen sich ein für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, die auf Hilfe angewiesen und benachteiligt sind. Ohne diese Hilfen wäre die Verkündigung unglaubwürdig.
Diese Hilfe erfolgt im ehrenamtlichem Engagement wie auf professioneller Basis in Diakonie und Caritas der Kirchen. Sie reicht vom Anfang des Lebens, in den Kindertagesstätten, bis zum Ende des Lebens, in den Altenhilfeeinrichtungen und Hospizen. Hierzu gehört auch der lebensbegleitende Dienst an Menschen mit Behinderungen wie auch an den sozial Ausgegrenzten, an Langzeitarbeitslosen, an Kranken, Pflegebedürftigen und in der Kinder- und Jugendhilfe. Sie findet nicht zuletzt in schwierigsten Lebenssituationen statt: die Gefährdetenhilfe und die Migrationsarbeit und aktuell die Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gehören dazu. Die Aufzählung ließe sich noch lange fortsetzen und zeigt, wie sehr kirchlich-diakonisches Handeln in das soziale und wirtschaftliche Handeln der Gesellschaft eingebettet ist.
Im Saarland wird die professionelle Arbeit von evangelischer Seite durch die verschiedenen Träger in der Diakonie geleistet, bei denen mehrere tausend Mitarbeitende beschäftigt sind. Hinzu tritt das große ehrenamtliche Engagement in den Kirchengemeinden, das von Besuchsdiensten für Kranke bis hin zu Tafeln reicht. Mit dem Engagement im professionellen Bereich ist Kirche gleichzeitig Arbeitgeber. Damit geht eine besondere Verantwortung von Kirche und Diakonie für die Gestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse einher: diese doppelte Funktion - Mahner an die Wirtschaft und Arbeitgeber zugleich - verpflichtet uns, in eigener Verantwortung das Menschengerechte und das Sachgemäße zusammen zu führen.
25. Mai 2014