Die Stärke des Einzelnen in der Zivilgesellschaft

Die Ökumenische Sozialinitiative der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland hat eine breite Diskussion angestoßen. Die zentralen Etappen des Diskussionsprozesses, vom Kongress "Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft" bis zu den Stellungnahmen, Gastbeiträgen und Kommentaren hier auf dieser Webseite, sind im Dokumentationsband "Im Dienst an einer gerechten Gesellschaft" zusammengefasst, den Sie hier als PDF herunterladen können

Evangelischer Arbeitskreis (EAK) der CDU Berlin-Brandenburg

Der Evangelische Arbeitskreis (EAK) der CDU Berlin-Brandenburg

Der EAK Berlin-Brandenburg begrüßt, dass der Rat der EKD und die Deutsche Bischofskonferenz mit ihrem gemeinsamen Text einen christlich fundierten Beitrag zur Diskussion um eine erneuerte Wirtschafts- und Sozialordnung leisten wollen. Gerade im Nachgang der aktuellen Wirtschaftskrise erscheint eine Orientierung für die in der Wirtschaft tätigen Menschen aus christlicher Sicht überfällig und dringend geboten.

Der Evangelische Arbeitskreis Berlin-Brandenburg stimmt den Ausführungen des Papiers grundsätzlich zu. Aus unserer Sicht sind dabei vor allem das Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft, deren Weiterentwicklung im Sinne der Nachhaltigkeit und die Erwähnung der Chancen der Globalisierung hervorzuheben. Das Bekenntnis zur nachhaltigen Haushaltspolitik und zur Schuldenbremse ist ebenfalls sehr zu begrüßen, allerdings erscheint angesichts von Rekordeinnahmen der staatlichen Haushalte die erhebliche Betonung der Einnahmeseite unausgewogen. Es müßten vielmehr sämtliche staatlichen Ausgaben kritisch überprüft werden.

Ergänzungsbedarf besteht unserer Meinung nach bei den Ausführungen zum demographischen Wandel. Eine Verengung einzig auf Aspekte der Rentensicherung greift eindeutig zu kurz und wird der Bedeutung des Themas nicht gerecht.

Ethisch vorbildliches Handeln lässt sich nicht allein durch Gesetze und Verbote erzwingen

Kritisch sieht der EAK Berlin-Brandenburg die aus dem Papier ersichtliche Ausrichtung auf den starken Staat. Der Ruf nach mehr staatlicher Kontrolle schwächt die Zivilgesellschaft und entmündigt die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Ethisch vorbildliches Handeln lässt sich nicht allein durch Gesetze und Verbote erzwingen. Eine Gesellschaft, die Regeln nur einhält, weil eine Strafe droht, hat offensichtlich ein sehr viel tieferliegendes Problem. Hier sind die christlichen Kirchen in ihrem ureigenen Feld gefragt – und bleiben eine Antwort im Text schuldig.

Dies ist aber Hauptaufgabe eines christlichen Papiers: der Rekurs auf das individuelle Gewissen und die ethischen Grundlagen, die sich aus dem Glauben ergeben. Leider erfolgt dieser theologisch-ethische Rückbezug im Text im Wesentlichen nur in den ersten beiden Kapiteln und – sehr kurz – am Schluß.

Eine Änderung der Fehlentwicklungen im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich kann aber nur aus Verhaltensänderungen des Einzelnen erwachsen. Dazu bedarf es ethischer Grundlagen, die zu legen und zu festigen eine unveräußerliche Aufgabe der Kirchen ist.

In diesem Punkt sieht der EAK Berlin-Brandenburg die Notwendigkeit, sehr viel stärker herauszuarbeiten, wie die christliche Ethik das individuelle Gewissen stärken kann. Staatliche Kontrolle stößt in einer freiheitlichen Gesellschaft schnell an Grenzen, allein schon deshalb müssen wir über eine Stärkung der Fähigkeiten zur Selbstregulierung – die im Einzelfall auch Selbstbeschränkung bedeuten kann – nachdenken.

Entscheidend ist, dass uns der Glaube in einen größeren Rahmen stellt, der über den eigenen Horizont hinausgeht. Nicht das Individuum ist das höchste aller Dinge, sondern es ist der allmächtige Herr über uns, der uns unser Handeln als Menschenwerk und damit als fehlerbehaftet erkennen lässt – und der uns deutlich macht, dass wir Verantwortung für unser Handeln tragen.