Inklusion und Partizipation (Tagespost-Kolumne Teil 7)

Die Ökumenische Sozialinitiative der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland hat eine breite Diskussion angestoßen. Die zentralen Etappen des Diskussionsprozesses, vom Kongress "Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft" bis zu den Stellungnahmen, Gastbeiträgen und Kommentaren hier auf dieser Webseite, sind im Dokumentationsband "Im Dienst an einer gerechten Gesellschaft" zusammengefasst, den Sie hier als PDF herunterladen können

Clemens Bieber

Domkapitular Clemens Bieber ist Leiter der Hauptabteilung V (Soziale und caritative Dienste) des Bischöflichen Ordinariats in Würzburg und Vorsitzender des Caritasverbandes für die Diözese.

Vor dem Hintergrund konkreter Lebenssituationen erscheinen die Aussagen des Solidaritätspapiers zwar richtig, in ihrer Wirkung beim Leser aber eher allgemein und wenig konkret. Das gilt zum Beispiel für die Feststellung, „dass (in der Vergangenheit) viele soziale Probleme mehr verwaltet als wirklich gelöst
wurden“, ebenso für die Mahnung, dass der notwendige „gesellschaftspolitische Diskurs nicht nur auf Ebene der Verteilungsgerechtigkeit“ geführt werden
dürfe, weil dann „bestimmte dringliche soziale Fragen gar nicht thematisiert“ würden. Um Inklusion und Partizipation als „ethische Leitbilder eines chancenorientierten gesellschaftspolitischen Diskurses“ zu veranschaulichen, scheinen Konkretisierungen hilfreich und notwendig, damit das Anliegen der beiden christlichen Kirchen und die Bedeutung für die Lebensrealität besser verständlich werden. Deshalb scheint mir die Schilderung der eingangs erwähnten persönlichen Erfahrung wichtig.

Vor diesem Hintergrund frage ich immer wieder bei Kontakten mit und Besuchen in Kindertagesstätten, inwieweit die erste außerhäusliche Erziehungs-, Betreuungs und Bildungseinrichtung im Miteinander der Kinder und Familien den Boden für eine „inklusive Gesellschaft“ bereitet und mitgestaltet. Neben den Eltern prägen die pädagogischen Fachkräfte durch ihre Haltung und die von ihnen gelebten Werte im Umgang mit den Kindern deren Wertehaltung. Dazu bedarf es eines wertschätzenden Umgangs, besonders mit den Kindern, die eine stärkere Förderung brauchen – sei es wegen einer Behinderung im allgemeinen Sinn oder weil sie einem anderen religiösen und kulturellen Hintergrund entstammen. Das betrifft auch das Erleben von demokratischen Strukturen, die Übernahme von Verantwortung für Menschen und Sachen oder selbstständiges Handeln. Zur Persönlichkeits- und Herzensbildung gehört die Erfahrung, dass Menschen nicht nur mit ihren Stärken, sondern auch mit ihren Schwächen angenommen, geachtet und als Bereicherung empfunden werden.

Der Beitrag von Clemens Bieber ist in der "Tagespost" erschienen. Lesen Sie hier im PDF weiter.