"Der Mensch ist wertvoller als jede Sache"
Mit der Sozialinitiative stoßen die Kirchen eine wichtige Debatte zu aktuellen Fragen unserer Zeit an. Die Kirchen argumentieren aus der Position der christlichen Sozialethik: Das Wachstum hat dem Menschen zu dienen – der Mensch ist wertvoller als jede Sache. Darum geht es gerade auch in unserer Zeit.
Das neue Sozialwort ist auch deshalb so wichtig, weil es die erste Stellungnahme der Kirchen zur Euro-Krise ist, in der es nicht nur um Euro und Cent geht, sondern auch um die Frage nach dem Zusammenhalt Europas.
Der Euro hat keinen eigenen Wert. Sein Wert entsteht erst durch Austausch und Gebrauch. Hierfür ist Vertrauen zentral, das durch eine unvorsichtige Kreditpolitik verloren ging. Wie hier Vertrauen wiederhergestellt werden kann, zeigt die christliche Soziallehre auf:
Christlich verstanden gehören Solidarität und Solidität eng zusammen. Wer unverantwortlich handelt, kann keine unbedingte Solidarität erwarten. Erst das ausgeglichene Zusammenspiel von Sozial- und Eigenverantwortung schafft eine Vertrauenskultur, in der sich die Schwachen auf die Hilfe der Gemeinschaft verlassen können und die Starken auf die Anstrengung der Schwachen vertrauen dürfen.
Auch Preisstabilität schafft Vertrauen. Indem sie Ersparnisse und Renten sichert, wirkt sie Altersarmut entgegen. Preisstabilität konkurriert auch nicht mit dem Beschäftigungsziel. Zwar mag eine expansive Geldpolitik die Nachfrage steigern. Sie hebt aber auch Preise, Löhne und Sozialbeiträge, was negativ auf den Arbeitsmarkt wirkt – diese Gedanken hätten auch mit Blick auf den sozialpolitischen Diskurs mehr Beachtung verdient.
Es gibt erste Signale, dass Europa Vertrauen neu aufbaut. Auch national wollen wir die Weichen richtig stellen. Wenn sich Sozial- und Eigenverantwortung die Waage halten, kippen weder Sozialstaat noch Europa. Deshalb sollten wir diese sozialen Prinzipien in die Debatte hinein transportieren. Gemeinsam haben wir den Auftrag und die Chance dazu.