Peter Janowski

"Eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft ist zwingend erforderlich"

Die Ökumenische Sozialinitiative der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland hat eine breite Diskussion angestoßen. Die zentralen Etappen des Diskussionsprozesses, vom Kongress "Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft" bis zu den Stellungnahmen, Gastbeiträgen und Kommentaren hier auf dieser Webseite, sind im Dokumentationsband "Im Dienst an einer gerechten Gesellschaft" zusammengefasst, den Sie hier als PDF herunterladen können

Peter Janowski

Peter Janowski ist Bundesvorsitzender des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) und Vorsitzender des Evangelischen Verbandes Kirche Wirtschaft Arbeitswelt (KWA).

Mit der Sozialinitiative reagieren die evangelische und katholische Kirche auf die sich aus dem verschärften Klimawandel und den noch nicht bewältigten Folgen der Finanzkrise ergebenden Herausforderungen der letzten zwei Jahrzehnte.

Der KDA begrüßt, dass die Kirchen ein klares Wort zu den verheerenden Folgen 'losgelöster' Finanzmärkte sprechen. Wir benötigen dringend eine Ordnungspolitik, die den Auswüchsen des gegenwärtigen Finanzmarktkapitalismus Einhalt gebietet und die dafür sorgt, dass die Finanzmärkte wieder auf ihre 'dienende Rolle' zurückgeführt werden.

Darüber hinaus ist es gut, dass die Kirchen zur Umkehr mahnen und dazu aufrufen, persönliche Lebensstile zu überdenken und wirtschaftliches Handeln vor dem Hintergrund des Klimawandels nachhaltig zu verändern. Der Klimawandel bedroht die Lebensgrundlagen der gesamten Menschheit und damit sowohl den sozialen Frieden und wirtschaftlichen Fortschritt auf nationaler Ebene als auch zwischen den Staaten. Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt teilt daher die klare Botschaft der Sozialinitiative, dass der Aufbau einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft zwingend erforderlich ist.

Klärungsbedarf sieht der KDA bei den Themen Öffentliche Verschuldung, Rentenpolitik, Prekäre Beschäftigung und Erwerbslosigkeit. Konkrete Maßnahmen wie die Bekämpfung von Steueroasen, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die Anhebung des Spitzensteuersatzes, eine angemessene Vermögenssteuer und eine europäische abgestimmte Steuerpolitik müssen weiter auf der Tagesordnung bleiben.

Auch die Aussagen zur Rentenpolitik sollten ergänzt werden. Hier bleibt die Initiative hinter ihrem Anspruch, Orientierung bereitzustellen, zurück. Der KDA sieht insbesondere in der kapitalgedeckten Alterssicherung keine überzeugende Option für die Absicherung im Alter.

Die Arbeitsmarktreformen haben problematische Spuren hinterlassen

Die Kritik an prekären Beschäftigungsverhältnissen ist zu wenig eindeutig. So wird zwar das Missbrauchspotential von Werkverträgen und Leiharbeit erkannt, gleichzeitig werden sie aber auch für sinnvolle Instrumente gehalten. Ebenso werden Niedriglöhne und atypische Beschäftigungsverhältnisse akzeptiert, um sich schließlich doch für einen Mindestlohn als geeignetes Instrument auszusprechen. Hier ist aus Sicht des KDA mehr Klarheit notwendig. Politik, Tarifpartner und Kirchen brauchen eine eindeutige Vorstellung davon, wie gute und gerechte Arbeitsverhältnisse auszusehen haben.

Die Sozialinitiative signalisiert in ihren Ausführungen eine grundsätzliche Zustimmung zu den zurückliegenden Arbeitsmarktreformen, auch wenn sie konstatiert 'dass das angemessene Verhältnis von "Fordern" und "Fördern" aus der Balance geraten ist’. Die Arbeitsmarktreformen des letzten Jahrzehnts haben nach Einschätzung des KDA aber auch problematische Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen. Es hat sich eine "Hartz-IV-Ökonomie" entwickelt, die sich von den allgemeinen Güter-, Dienstleistungs- und Arbeitsmärkten abgrenzt. Diese Parallelwirtschaft ist durch Tafeln, Suppenküchen, Kleiderkammern und Sozialkaufhäusern gekennzeichnet. Sie ist eine Art von Pannendienst, der das Schlimmste verhindert, aber die Ursachen des Problems nicht beseitigt.

Die Sozialinitiative setzt dankenswerterweise klare Impulse in Richtung einer nachhaltig orientierten Wirtschafts- und Sozialpolitik, die den Menschen ein Leben in Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit ermöglicht. Dabei wird deutlich, dass Marktwirtschaft und Wettbewerb keine Werte an sich darstellen, sondern als Ordnungsrahmen zu gestalten und in den Dienst für den Menschen zu stellen sind. Der KDA sieht in der Sozialinitiative einen wertvollen Impuls für einen breiten öffentlichen Diskussionsprozess.