Alois Glück

"Eine Verantwortungskultur für alle Lebensbereiche entwickeln"

Die Ökumenische Sozialinitiative der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland hat eine breite Diskussion angestoßen. Die zentralen Etappen des Diskussionsprozesses, vom Kongress "Gemeinsame Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft" bis zu den Stellungnahmen, Gastbeiträgen und Kommentaren hier auf dieser Webseite, sind im Dokumentationsband "Im Dienst an einer gerechten Gesellschaft" zusammengefasst, den Sie hier als PDF herunterladen können

Alois Glück

Alois Glück ist seit 2009 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und war von 1970 bis 2008 für die CSU Mitglied des Bayrischen Landtags.

Die ökumenische Sozialinitiative ist für mich ein wichtiges Zeugnis für den Willen der Christen, gemeinsam und konfessionsübergreifend Verantwortung in unserer Gesellschaft zu übernehmen und sich für eine gerechte Wirtschafts- und Sozialordnung zu engagieren. Die Linderung der Nöte der Menschen und die Lösung von zentralen Fragen unserer Zeit müssen dabei im Vordergrund stehen.

Das neue Sozialpapier der Kirchen ist hier ein wichtiger Diskussionsbeitrag, der ethische Maßstäbe für das Handeln in Wirtschaft und Gesellschaft aufzeigt. Wir Christen sollten über diese Maßstäbe und deren praktische Umsetzung miteinander und mit der Politik, den Sozialpartnern und mit vielen gesellschaftlichen Kräften ins Gespräch kommen. Nur so kann ein solcher Impuls zur geistigen Auseinandersetzung und einem fruchtbaren Prozess über drängende soziale und gesellschaftspolitische Fragen in Deutschland führen. An dessen Ende muss die Entwicklung einer nachhaltigen Kultur des Lebens stehen.

Das Sozialpapier steht in unmittelbarem Bezug zur Botschaft von Papst Franziskus in "Evangelii Gaudium", in der er eine Wirtschaftsweise einfordert, die dem Menschen dient und den Menschen in den Fokus stellt. Dazu braucht es das verantwortliche Handeln des Einzelnen genauso wie veränderte ordnungspolitische Strukturen. Zentral dafür ist der Leitgedanke einer Verantwortungskultur, der auch in dem Sozialpapier eine zentrale Rolle spielt. Diese Verantwortungskultur gilt es, für alle Lebensbereiche wie das Finanz- und Wirtschaftswesen, das Sozialsystem oder den Bildungsbereich zu entwickeln und zu etablieren.

In Deutschland hat unser System der Sozialen Marktwirtschaft bereits den Anspruch, den genannten ethischen Maßstäben zu genügen. Es bleibt aber unsere kontinuierliche Aufgabe, auf neu entstehende Herausforderungen wie Globalisierung, die demografische Entwicklung sowie Klimawandel und Umweltprobleme zu reagieren und Veränderungen vorzunehmen. Dabei gilt es auch immer, die richtige Balance zwischen Investitionen in die zukünftige Leistungsfähigkeit unserer Volkswirtschaft und die Gewährleistung der Lebenschancen zukünftiger Generationen sowie den solidarischen Ausgleich heute zu finden. Diese Aufgaben gehören untrennbar zusammen.

Als Kirchen haben wir hier eine wichtige Vorbildfunktion. Wir müssen den eigenen ethischen Maßstäben in unserem Handeln als Arbeitgeber, in der Finanz- und Anlageverwaltung, als Auftraggeber und als Kunde gerecht werden. Nur dann sind wir ein glaubwürdiger Partner für andere im gesellschaftlichen Dialog.